Vorbereitung der Ausstellung Nachtbilder

Der Breitenholzer Künstler Thomas Nolden bereitet seine nächste Ausstellung vor - mit Bildern die nachts und in Eiseskälte am Rande des Schönbuchs entstanden, und Werken, die sich bei UV-Licht entfalten von Manfred Hantke

Tomas Nolden hat schon immer das Ungewöhnli­che gesucht - und auch gefunden. Der Breiten­holzer Künstler widmete etwa dem Schaf eine lange Zeit seine ganze Aufmerksamkeit, brachte es im impressionistischen Stil in im­mer neuen Varianten auf die Lein­wand. Dabei ging es ihm jedoch nicht so sehr um das Tier, sondern um das Spiel von Farbe, Objekt und Raum - eines der Hauptthemen von Noldens künstlerischer Arbeit.

Diesem Spiel mit dem Raum hat er jetzt eine neue Nuance hin­ zugefügt. Malen bei (Tages-)Licht ist ja kein Problem, aber: bei Nacht? So machte sich der Künst­ler in den eiskalten Dezember­nächten auf, stellte sein Zelt, das als Materiallager diente, am Ran­de des Schönbuchs hin und legte los. ,,Jeden zweiten, dritten Abend war ich draußen im Outdoor-Atelier", sagt er - bei Minustempera­turen, bei sternklaren, bei Voll­mond- und bei Nebel-Nächten.

Landschaftsmaler war Nolden schon immer. Er malte den Ne­ckar, die Jagst, den Rhein mit sei­nen endlos differenzierten Grau­tönen. Nun aber stand er nachts auf den Obstbaumwiesen, sah die Bäume zunächst nur schemen­haft, durch den Gewöhnungsef­fekt aber mit der Zeit immer deut­licher vor sich; über sich den kla­ren Sternenhimmel, vor sich die Staffelei und die Leinwand mit 34 mal 46 Zentimeter und die Farb­palette samt Pinsel. Sonst nichts: keine Taschenlampe, keine Kerze.
Die eiskalte Athmosphäre in der Schönbuch-Einsamkeit ist für Nolden keine Strapaze, im Gegen­teil. Er habe sich·,,der unglaublichen Größe des Himmels ausge­setzt", Beziehungen zwischen den Sternen hergestellt. Zudem geht das Erlebnis von Nacht und Käl­te "als authentisches Moment ins Bild ein", sagt er. In seinem nächtlichen Dialog mit der Natur hat er die Farben neu entdeckt. Bei Voll­mond etwa gingen sie ins Gelbe, Violette, das war "ganz klasse".

Wo seine Farben auf der Palette sind, weiß Nolden, zumindest grob. Aber mischen musste er schon, was bei Dunkelheit nicht ganz einfach ist. Doch Nolden wusste sich zu helfen: "Das·Auge kann die Farben fühlen", sagt er. Gewöhnungsbedürftig war das Arbeiten mit der Ölfarbe. Sie ver­hält sich nämlich in der Kälte an­ders als bei Zimmertemperatur: "Sie ist zäher, grobstoffiger", das muss er beim Auftragen berück­sichtigen. Seine Ergebnisse sah sich der Künstler stets einen Tag später bei Tageslicht an.

Etwa 20 Bilder hat Nolden in den eiskalten dunklen Nächten gemalt und dabei "sehr viele neue Aspekte" über das Zusammenspiel von Farbe und Raum gewonnen. "Die malerische Handlung löst sich vom Ergebnis ab", so der Künstler. "Malen werde zum reinen Tun, es stehe im Vordergrund. Ja, und die „Farbdogmatik, die könne man getrost fallen lassen. Denn so wie bei Tageslicht treffe man die Farben bei Nacht halt nicht"

So entstanden im Outdoor­ Atelier "hingehauchte Nebelbilder" sowie schwarz-weiß und unterschiedlich grau getünchte Landschaften mit knorrigen Bäumen und gelb-violettem Himmel.

"Dunkelbilder" sind das eine, „Unterirdische Bilder" das andere Projekt, das Nolden derzeit be­ackert. Dabei weist „unterirdisch" zunächst auf die Herkunft der Idee hin. Die kam ihm im vergan­genen Herbst in den Kiewer Laby­rinthen, als er in der Sophienkat­hedrale seine Ausstellung eröffne­te. In einer kleinen Kathedrale „tief im Felsen drin" wurde ein Bild gezeigt, in dem Engel und Teufel gleichzeitig an einem Kind zerren. In der Ausstellung selbst zeigte auch sein Malerfreund Victor Daysun Bilder mit UV-Farben - fluoreszierende Farben, bei de­nen etwa Weiß durch UV-Licht zum Blau wird.

Da hatte Nolden ein neues Expe­rimentierfeld: "Unterirdisch" in der zweiten Bedeutung weist auf das Absurde der Bilder hin. Unter dem­ UV-Licht wandeln sich die Farben, teilweise nur in Nuancen. Für den Künstler ergeben sich dadurch je­doch ganz andere Farbräume als mit der Ölfarbe. Nolden: "Die Farbe hat eine ganz andere Schwingung, eine ganz andere Tiefe."

Natürlich hat Nolden das Teu­felchen aus der Kathedrale hier und da in seine fluoreszierenden Werke eingearbeitet. Die Arbeit mit UV-Farben ist jedoch anstren­gend. Denn da muss stets die UV­ Lampe leuchten, die er von einem Freund bekam, der mal einen Techno-Club hatte. Nur mit dem UV-Licht sieht er, was er malt. Länger als eine Stunde aber·geht es nicht, sagt Nolden, "da muss man sich sehr konzentrieren".

Vor der Arbeit reibt sich Nol­den mit Sonnenschutzcreme ein. Nach einer Grundierung lasiert er sein Werk mehrmals. Durch die Lasur „entsteht der Raum". Unter dem UV-Licht ist der „kollossal anders", sagt er, "als ob man total bedröhnt ist, völlig irrational".

Auch von den UV-Bildern hat Nolden etwa 20 gemalt. Einige will er noch fertigstellen und sie dann zusammen mit seinen Nachtbil­dern im Süddeutschen Kunstverein in Reusten ausstellen. Die Eröff­nung ist im Frühjahr.